Kult–Tour: Serbien
«Die Ohrfeige» von David Albahari
Ein Meister des Wortes lädt ein ins kafkaeske Labyrinth: Das ist «Die Ohrfeige» von David Albahari.
Und plötzlich steht da der Satz: «Ja, es ist schon schlimm, dass die Bücher ein Ende haben, während das Leben weitergeht.» Wer das liest, wird schon ganz tief in diesem Buch gefangen sein. Und vielleicht auch daran zweifeln, hier jemals wieder rauszukommen. David Albahari, jüdischer Serbe, 1948 geboren und in seiner Jugend der grosse literarische Popstar seines Landes, hat in seinem kanadischen Exil mit «Die Ohrfeige» ein Meisterwerk der Literatur verfasst, ein delirierender Monolog über seine Heimat, in dem nicht nur der Erzähler im Buch den Boden unter seinen Füssen verliert, sondern der Leser gleich mit.
Es beginnt alles völlig normal. Ein alternder Journalist, von dessen Arbeit nur noch eine wöchentliche Kolumne in einer Belgrader Zeitung übrig geblieben ist, sitzt eines Tages am Ufer der Donau. Dort beobachtet er wie ein Mann einer Frau eine Ohrfeige verpasst. Der Mann verschwindet und der Journalist folgt der Frau, bis sie in den Gassen der Altstadt verschwindet. Was ahnungslos beginnt, entpuppt sich in der Folge als ein kafkaeskes Labyrinth, atemlos von Albahari erzählt. Oft am Rande des Wahnsinns, schlittern Autor, Erzähler und Leser immer tiefer hinein in eine Geschichte voller Andeutungen, geheimnisvoller Hinweise und scheinbar verschwörerischen Absichten.
Die zufällige Beobachtung dieser Ohrfeige bringt den Mann, der sich eigentlich schon fast vom aktiven Leben verabschiedet hat, dazu, wieder ins Leben zu treten. Um zu erfahren, ob sich das als Glücksfall oder als Falltüre entpuppt, dafür muss sich der Leser erst einmal schwindlig lesen.
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David Albahari. «Die Ohrfeige». Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann. 368 Seiten. Broschiert. dtv, München.
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