6. Oktober 2013

«Rush» von Ron Howard

Das Duell des Jahrhunderts

James Hunt und Niki Lauda stehen für die grösste Rivalität, die es im Rennsport je gab. Jetzt hat Hollywood-Regisseur Ron Howard den beiden und der Saison 1976 mit «Rush» ein grandioses filmisches Denkmal gesetzt.

von Rudolf Amstutz
Respekt, aber keine Freundschaft: James Hunt (Chris Hemsworth, links) und Niki Lauda (Daniel Brühl) in «Rush» von Ron Howard. Foto: © Ascot Elite

Eigentlich hat die Formel 1 von heute mit jener vor vierzig Jahren nichts mehr gemeinsam. Damals sass man in Särgen auf vier Rädern – durchschnittlich verloren zwei Piloten pro Jahr ihr Leben. Kurz: es war eine Zeit, in der – wie es der legendäre Jack Brabham einmal formulierte – der Sex noch sicher, aber das Rennfahren gefährlich war.

Die Namen jener Tage sind legendär: Emerson Fittipaldi, Clay Regazzoni, Carlos Reutemann oder Mario Andretti. Zwei der damaligen Akteure überstrahlen allerdings alle anderen: Niki Lauda und James Hunt. Der eine ein technisch versierter Eigenbrötler, der andere ein Dandy, Playboy und Rockstar wie er im Buche steht. Zwei unterschiedlichere Charaktere als die beiden gab es weder zuvor noch danach wieder in der Formel 1. Wie sich die beiden gegenseitig zum Äussersten trieben, wie sie sich anfänglich hassten und später respektierten – ja, und wie sie 1976 um die WM-Krone kämpften, davon erzählt nun der Film «Rush».

Regisseur Ron Howard («Apollo 13», «A Beautiful Mind») und Drehbuchautor Peter Morgan («The Queen», «Frost / Nixon») ist das Kunststück gelungen, zwei völlig verschiedene Aspekte in einen kompakten, spektakulären und rasanten Film zu verwandeln. Auf der einen Seite zeigt «Rush» minutiös nachgestellte und atemberaubende Rennszenen, auf der anderen Seite ist er aber auch eine tiefgründige Charakterstudie zweier Menschen und deren ganz persönlichem Umgang mit der Tatsache, dass jedes Wochenende draussen auf der Strecke der Tod lauern könnte.

Daniel Brühl («Good Bye Lenin», «Inglorious Basterds»), der sich – dank der Mithilfe des Originals – bis ins kleinste Detail in Niki Lauda verwandelt hat, und der Beau Chris Hemsworth («Thor»), der den schillernden, unbekümmerten James Hunt kongenial verkörpert, gelingt es, auch die stillen Momente dieser Rivalität zu zeigen. Die beginnt bereits in der Formel 2 und lebt von einer totalen gegenseitigen Abneigung, die sich erst in der Folge und nur langsam in Respekt verwandelt.
Irgendwann wird beiden klar: der eine kann ohne den anderen nicht existieren. Am deutlichsten wird dies nach dem Unfall Laudas am 1. August 1976 auf dem Nürburgring, bei dem er lebensgefährliche Verbrennungen am Kopf und in der Lunge erlitt. Als ihm der Pfarrer die letzte Ölung gibt, sieht er im Fernsehen wie James Hunt einen Grand Prix gewinnt. Der Rest ist Legende: Er sagt dem Pfarrer «Schleich di» und sitzt nur 42 Tage nach dem Unfall bereits wieder im Ferrari und wird in Monza Vierter. Als er darauf Hunt trifft, meint er bloss lakonisch: «James, Du hast mir das Leben gerettet.»

«Rush» ist also weit mehr als «nur» ein Rennfilm. Und doch: wenn die Kamera dann jeweils am Start wieder ganz nah an die Motoren herangeht, die Kolben überlebensgross auf der Leinwand glänzen und die Soundanlage ob des Lärms an ihre Grenzen gehen muss, dann scheint es selbst im Kino nach Benzin zu riechen. Bei der Intensität und der Dichte dieses Films werden sich wohl nicht nur beim normalen Publikum die Nackenhaare sträuben, sondern auch bei Leuten wie Sebastian Vettel und Fernando Alonso. Denn die leben – um Brabhams Worte für einmal umzukehren – in einer Zeit, in der der Sex zwar nicht mehr sicher ist, das Rennfahren dagegen schon.

«Rush» feierte im Rahmen des 9. Zurich Film Festivals Schweizer Premiere.
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#-#SMALL#-#Rush. GB / D 2013. Regie: Ron Howard. Drehbuch: Peter Morgan. Kamera: Anthony Dod Mantle. Musik: Hans Zimmer. Mit Chris Hemsworth (James Hunt), Daniel Brühl (Niki Lauda), Olivia Wilde (Suzy Miller), Alexandra Maria Lara (Marlene Lauda), Pierfrancesco Favino (Clay Regazzoni), Natalie Dormer (Nurse Gemma).

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